Etwa 500 Kreis-, Regierungsbezirks- und Landesbeauftragte von „Jugend trainiert“ gibt es in Baden-Württemberg. Sie organisieren den Schulsportwettbewerb auf den unterschiedlichen Wettbewerbsebenen und sorgen dafür, dass sich landesweit ca. 120.000 Schülerinnen und Schüler pro Jahr in 24 olympischen und sieben paralympischen Sportarten am größten Schulsportwettbewerb der Welt beteiligen können. Auf Einladung des Kultusministeriums sollte diesen engagierten Menschen im Laufe des Jubiläumsschuljahres 2019/2020 gedankt werden. Als Termin war ursprünglich der 25. Mai 2020 vorgesehen worden. Aufgrund der Coronapandemie musste die Veranstaltung mehrfach verschoben werden. Jetzt war es endlich so weit: In Anwesenheit von Kultusministerin Theresa Schopper, dem Hauptgeschäftsführer des Landessportverbands Baden-Württemberg Ulrich Derad und dem Verbandsgeschäftsführer des Sparkassenverbands Baden-Württemberg Ralf Bäuerle trafen sich die Macher von Jugend trainiert für Olympia & Paralympics in der Sparkassenakademie Stuttgart, um in der bewegten und durchaus ruhmreichen Vergangenheit von „Jugend trainiert“ zu schwelgen und sich untereinander auszutauschen.
„Neben der Unterstützung von Sponsoren und Sportfachverbänden sind es vor allem die vielen Kreis-, Regierungsbezirks- und Landesbeauftragten, denen unser herzliches Dankeschön gilt. Dieses flächendeckende Sportereignis auf die Beine zu stellen, ist in mehrerlei Hinsicht sportlich. Sie sorgen mit ihrem beeindruckenden Engagement für ein attraktives Wettkampfprogramm. Sie schaffen die Voraussetzungen, dass Schülerinnen und Schüler wichtige Wettkampferfahrungen und Erlebnisse genießen können. Sie haben einen wesentlichen Anteil daran, dass sich unsere Kinder und Jugendlichen für Sport begeistern und zudem wichtige Werte erleben“, sagt Kultus- und Sportministerin Theresa Schopper und ergänzt: „Im Sport, insbesondere auch im Schulsport, geht es um weit mehr als das Training von Technik, Taktik und Kondition. Im Sport werden Werte vermittelt, die für unsere Gesellschaft wichtig sind. Verantwortung, Vielfalt, gewaltfreier Umgang, Fairplay, sich auf Augenhöhe begegnen, bereit sein für Entwicklung, Toleranz, Respekt, Teamfähigkeit, Integration, Inklusion – all das bietet der Sport im Ganzen und ‚Jugend trainiert‘ im Speziellen. Der Sport und die Wettkämpfe tragen nicht nur zur Talententdeckung, zur Freude, zum Wohlbefinden, zur Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen bei, sondern auch zu deren Persönlichkeitsentwicklung. Und besonders gut gefällt mir, dass sich bei ‚Jugend trainiert‘ Schülerinnen und Schüler mit und ohne Behinderung treffen und austauschen. Das ist eine große Bereicherung.“
Kernelement des Programms waren drei Podiums-Gesprächsrunden, in denen neben Theresa Schopper ein Dutzend weitere Talkgäste mit Moderator Kai Gemeinder überaus kurzweilig 50 Jahre „Jugend trainiert“ aus baden-württembergischer Sicht Revue passieren ließen – unter ihnen Karl Weinmann, der fast 30 Jahre lang ehrenamtlich im Vorstand des Bundeswettbewerbs und hauptamtlich im baden-württembergischen Kultusministerium tätig war und für viele als prägendste Figur in der Geschichte von Jugend trainiert für Olympia & Paralympics gilt. Auch er bedankte sich ausdrücklich bei den Beauftragten und machte deutlich, dass für ihn der Wettbewerb auf Kreisebene der Wichtigste sei, weil hier die meisten Schülerinnen und Schüler erreicht würden. Neben Weinmann saßen Leonie Walter und ihr Begleitläufer Pirmin Strecker, die bei den Paralympischen Winterspielen Peking 2022 dreimal Bronze und einmal Gold im Para Biathlon und Skilanglauf gewonnen haben (siehe Beitrag vom 15.3.2022). Leonie ist das Gesicht von Jugend trainiert für Paralympics, nahm mit der Staatl. Schule für Sehbehinderte St. Michael Waldkirch zwischen 2015 und 2019 fünfmal an den Para Skilanglaufwettbewerben teil und avancierte mit einmal Silber und viermal Gold zur erfolgreichsten „Jugend trainiert“-Starterin aller Zeiten.
Weitere Gesprächsgäste waren Jörg Frey (Bürgermeister des Winterfinalausrichters Schonach), Philipp Rießle (DSV Trainer des Jahres in der Nordischen Kombination und „Jugend trainiert“-Beauftragter im Skispringen), Martin Schall (viermaliger Bundessieger Basketball – dreimal als Schüler, einmal als Lehrer – und Schulleiter der Geschwister-Scholl-Schule Tübingen), Daniel Riedl (Lehrer-Trainer und Landesbeauftragter für Volleyball sowie Vorsitzender des Ausschusses Schule in der Deutschen Volleyballjugend) und Kurt Lauer (zweimaliger Bundesfinalteilnehmer mit dem Otto-Hahn-Gymnasium Ludwigsburg und sechsfacher Deutscher Jugend- und Juniorenmeister in der Leichtathletik).
Außerdem nahmen mit Manfred Pohl und Wolfgang Joppich zwei Bundessieger der ersten Stunde auf der Bühne Platz. Beide hatten bei der Premiere von Jugend trainiert für Olympia im Jahr 1969 mit dem Leichtathletikteam des Hohenstaufen Gymnasiums Göppingen den Titel nach Baden-Württemberg geholt. Gleiches ist im Jahr 2022 Anni Bantel und Ben Arendt vom Wirtemberg-Gymnasium Stuttgart im Gerätturnen gelungen. Der Generationen-Talk gab reichlich Anlass zum Schmunzeln. Als Anni, aktuell Deutsche Jugendmeisterin am Barren, berichtet, dass sie 28 Stunden pro Woche trainiert, staunen die beiden Titelträger von 1969 nicht schlecht. „Dagegen waren wir Amateure“, stellt Joppich fest. Dafür waren die Göppinger im Feiern Profis, wie die Senioren launig erzählen. Untergebracht war die Mannschaft vor 53 Jahren in den Katakomben des olympischen Schwimmstadions, was manch einen in der Siegesnacht dazu veranlasste, bei Dunkelheit vom 10 m-Turm zu springen. Eine schmerzhafte Erfahrung sei dies gewesen, wohl aber auch eine prägende. Wie sehr das gemeinsam in Berlin Erlebte die Gruppe zusammengeschweißt hat, erkennt man unter anderem daran, dass sich die Schulmannschaft sowohl 15 als auch 30 Jahre nach ihrem Triumph wiedergetroffen hat und untereinander bis heute Freundschaften bestehen.
Abgerundet wurde das Programm von Auftritten der Schülerinnenband „Generations“ vom St. Agnes Mädchengymnasium aus Stuttgart und einer Turnaufführung, bei der unter Anleitung von Melanie Voss die Nachwuchstalente des Wirtemberg-Gymnasiums Stuttgart, darunter auch Anni und Ben, ihr Können zeigten. Am Ende des Bühnenprogramms wurde die Jubiläumsfestschrift „50 Jahre Jugend trainiert für Olympia & Paralympics in Baden-Württemberg“ dem Plenum vorgestellt und den Hauptautoren für die Erstellung der fast 200 Seiten umfassenden Lektüre gedankt.
Bei Speis und Trank wurde in den anschließenden Gesprächen vielfach deutlich, wie dankbar die geladenen Ehrenamtlichen für die Wertschätzung waren, die ihnen an diesem Nachmittag des 30. November 2022, ganze zweieinhalb Jahre später als ursprünglich geplant, entgegengebracht wurde. Ehre, wem Ehre gebührt, könnte man sagen. Und das besser spät als nie.
kg