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Ganz großer Sport beim zentralen Landesfinale Schleswig-Holstein

Was lange währt, wird endlich gut. Mit dreijähriger Verspätung feiert Schleswig-Holstein in Flensburg ein fulminantes Landesfinale der olympischen Frühjahrssportarten, das eigentlich im Rahmen des 50-jährigen Bestehens von „Jugend trainiert“ im Jubiläums-Schuljahr 2019/20 hätte ausgerichtet werden sollen. Das Warten hat sich gelohnt. Der Aufwand auch. Rund 1.600 Schüler*innen erlebten ein Sportfest, das ihnen für immer in bester Erinnerung bleiben wird.

Von Kai Gemeinder
(Hier geht's direkt zum Videobeitrag von Hannes Sassenberg und allen Bildern von Christina Pahnke.)

Es ist Freitag, der 17. März, 15:00 Uhr. Seit fünf Stunden läuft das Landesfinale in den Sportarten Badminton, Basketball, Floorball, Gerätturnen, Handball, Tischtennis und Volleyball bereits. Die meisten der insgesamt 28 Entscheidungen, zu denen sich am frühen Morgen 132 Schulmannschaften aus allen Teilen Schleswig-Holsteins mit Reisebussen aufgemacht hatten, sind bereits gefallen. Scharenweise strömen Schüler*innen und deren Lehrkräfte in die imposante Flens-Arena. Es ist die größte der 16 zur Verfügung gestellten Sportstätten. Und hier werden auch die letzten Landesmeister-Titel vergeben. Zwei Endspiele im Floorball stehen unmittelbar bevor, danach leitet die Nudelparty in den Abend über. Gegen 17:00 Uhr beginnt die Siegerehrung, für die sich der Veranstalter etwas Außergewöhnliches ausgedacht hat: Zwischen Grußworten, Showacts und Siegerehrungsblöcken finden die Handball-Finals der WK III Mädchen und WK II Jungen auf jenem Parkett statt, auf dem sonst die SG Flensburg-Handewitt ihre Heimspiele bestreitet. Die Kulisse mit rund 1.600 Schüler*innen, welche in roten, gelben, grünen und blauen Landesfinal-T-Shirts die Tribünen in ein buntes Farbenmeer verwandeln, ist beeindruckend.

„Das gab’s früher zu meiner Zeit noch nicht“, erzählt Handball-Weltmeister Holger Glandorf, der sich neben Flensburgs Oberbürgermeister Dr. Fabian Geyer, Friederike Sowislo (Geschäftsführerin der Deutschen Schulsportstiftung) und vielen weiteren Ehrengästen unter den Zuschauer*innen befindet. „Das ist eine super Sache. Gerade so viele Sportarten unter einem Dach mit so einer Abschlussveranstaltung, ist etwas ganz Besonderes,“ meint der zweimalige Deutsche Meister und Champions-League-Sieger, dessen Sohn am heutigen Tag geschafft hat, was ihm selbst zu Schulzeiten nicht gelungen ist: die Qualifikation fürs Bundesfinale in Berlin.

„Wir wollen im ganzen Land eine Begeisterung entfachen“

Klar ist: Nur den wenigsten der jährlich etwa 800.000 an „Jugend trainiert“ teilnehmenden Schüler*innen ist es vergönnt, jemals ein sportartübergreifendes Bundesfinale mit spektakulärem Rahmenprogramm und der Zusammenkunft tausender Sportler*innen zu erreichen. Deshalb ist ein Multisport-Event, das bereits auf Landesebene ansetzt, um einer breiteren Masse an Kindern und Jugendlichen eine Erfahrung zu ermöglichen, wie sie sonst im schulsportlichen Kontext nur auf Bundesebene erlebbar wird, von so großem Wert. „Wenn man das sieht, auch bei nicht so leistungsstarken Kindern, auch wenn sie Letzter werden, mit welcher Begeisterung sie hier dabei sind, dann haben wir alles richtig gemacht“, bilanziert Cheforganisator Klaus Jens kurz vor Beginn der Siegerehrung. „Wir wollen im ganzen Land eine Begeisterung entfachen. Die Kinder sollen in die Schulen zurückgehen und andere inspirieren, in die AGs zu gehen und bei ‚Jugend trainiert‘ mitzumachen.“

Dieses Ziel dürften Klaus Jens und dessen Team in Schleswig-Holstein erreicht haben. Egal, in welcher Halle man sich mit Sportler*innen unterhält, alle sind voll des Lobes. Basketballerin Nelly Kurzhals vom Johann-Rist-Gymnasium Wedel meinte nach dem ersten Spiel: „Die Teilnahme an ‚Jugend trainiert‘ ist eine schöne, neue Erfahrung. Für mich ist es das erste Mal und ich finde es toll.“ Ähnlich äußerte sich ihre Mitschülerin Finja Renzo, die mit dem Turnteam an die Geräte ging: „Es macht einfach mega viel Spaß. Man lernt neue Leute kennen. Man versteht sich richtig gut miteinander und supportet sich gegenseitig.“ Während die Basketballerinnen aus Wedel kein Spiel verlieren und das Bundesfinale erreichen werden, fehlen den Turnerinnen am Schluss 0,3 Punkte, um ebenfalls ihr Ticket nach Berlin zu buchen. Für viele andere ist von vornherein klar, dass die sportliche Reise in Flensburg enden wird. In allen Mannschaftssportarten nehmen nämlich auch Spieler*innen der WK IV am Landesfinale teil, obwohl hier nur die Wettkampfklassen II und III bis zum Bundesfinale führen. Floorball wiederum zählt gar nicht zu den Programmsportarten des Bundesfinales. Trotzdem strahlt Moritz Ulrich, Floorball-Spieler der AVS Itzehoe: „Ich liebe Sport. ‚Jugend trainiert‘ ist einfach geil.“ Wer bei diesem Landesfinale teilnehmen darf, muss es eben nicht bis nach Berlin schaffen, um mit Schulfreund*innen bei einem unvergesslichen Sporterlebnis dabei gewesen zu sein.

Landesfinale im März, Cheerleading-WM im April

Der von Schüler*innen immer wieder hervorgehobene Gemeinschaftsgedanke ist auch deshalb bei Jugend trainiert für Olympia & Paralympics so ausgeprägt, weil beim Schulsportwettbewerb in Mannschafts- wie Individualsportarten ausschließlich Teams antreten. Oftmals kommen dabei auch „Quereinsteiger" zum Einsatz, wenn nicht genügend „Spezialisten" einer Sportart auf die gleiche Schule gehen, um ein Team aufzustellen. Bei den WK IV-Turner*innen der Gemeinschaftsschule Probstei ist Cheerleaderin Lina Eileen Lehman eine solche Quereinsteigerin. Aber was für eine: Nächsten Monat fliegt die 11-Jährige zur Cheerleading Weltmeisterschaft nach Orlando/Florida. Bei ihrer ersten Reise in die USA steht unter anderem ein Besuch im Disneyland auf dem Programm. Zugegeben: Das ist vielleicht noch eine Nummer größer als das „Jugend trainiert"-Landesfinale in Flensburg. Was Lina nicht wusste: Auch ihre Turn-AG-Trainerin hat WM-Erfahrung. Kim Bühlow ist 6-fache Deutsche Meisterin im Kunstturnen und nahm in den 1990er Jahren an Welt- und Europameisterschaften teil.

Übrigens: Manche Spitzensportkarriere nahm in Schul-AGs und damit verbundenen „Jugend trainiert“-Wettbewerben ihren Anfang. Ein prominentes Beispiel ist Beach-Volleyball-Olympiasieger und -Weltmeister Jonas Reckermann, der betont, nur wegen „Jugend trainiert“ bei seiner Sportart gelandet zu sein. Gleiches gilt für den schnellsten Sprinter Deutschlands. Lucas Ansah-Peprah (Bestzeit 9,98 Sekunden auf 100 m) war ein durchschnittlicher Fußballer, ehe ihn sein Lehrer für die Leichtathletik entdeckte. Und Johanna Recktenwald stand bei „Jugend trainiert“ zum ersten Mal in ihrem Leben auf Langlauf Skiern. Nur sechs Jahre später startete sie im Para Skilanglauf und Biathlon bei den Winter-Paralympics in Peking. Ähnliches ist im Fall von Lina natürlich nicht zu erwarten. Ihre Leidenschaft ist das Cheerleading. Im Turnen hilft sie nur aus. Das allerdings mit großer Freude und Begeisterung.

Duell der Champions an der Platte

Zu einem aufsehenerregenden Kräftemessen mit Vorgeschichte kam es in Flensburg im Tischtennis. Beim letzten Bundesfinale 2022 hatte Schleswig-Holstein in beiden Altersklassen der Mädchen den Titel gewonnen. In der WK II (Jahrgänge 2006-2009) das Gymnasium Schwarzenbek, in der WK III (Jahrgänge 2008-2011) das Eric-Kandel-Gymnasium Ahrensburg. Weil die Schülerinnen aus Ahrensburg 2023 in die höhere Altersklasse (WK II) aufgerückt sind, trafen beim Landesfinale zwei amtierende Bundessieger aufeinander, die um nur einen Startplatz fürs Frühjahrsfinale in Berlin kämpften. Eine solche Konstellation ergibt sich nur ganz selten bei Jugend trainiert für Olympia & Paralympics.

Das Duell der Champions entschieden die etwas älteren Tischtennisspielerinnen aus Schwarzenbek für sich. Die glückliche Siegerin Lenara Breyer meinte: „Es war schon krass, dass wir jetzt gegeneinander antreten mussten“. Ihre Gegnerin Magdalena Scheer sagte sportlich fair: „Man gönnt den anderen den Erfolg. Aber man will natürlich auch selber gewinnen.“ Die nächste Chance hat das Eric-Kandel-Gymnasium 2024. Dann wird Ahrensburg erneut versuchen, sich fürs Bundesfinale in Berlin zu qualifizieren.

Krönender Abschluss auf der Platte

Im Hier und Jetzt steht erstmal die letzte Entscheidung des Landesfinales an. Es ist inzwischen 18:30 Uhr. Im Handballendspiel der WK II Jungen treffen das Fördegymnasium Flensburg und die Gemeinschaftsschule Friedrichsort aufeinander. Erst auf den zweiten Blick wird deutlich, welch sportlicher Höhepunkt nun folgen wird. Friedrichsort ist nämlich ein Stadtteil von Kiel. Das Drehbuch sieht also vor, dass in der Flens-Arena zwei echte Schwergewichte des Handballsports aufeinandertreffen: Flensburg gegen Kiel. Dieses Duell steht buchstäblich für etwas, das bei „Jugend trainiert“ seit jeher von herausragender Bedeutung ist: Die Kooperation von Schule und Verein. Viele Handballer, die gerade für ihre Schulen auf der Platte stehen, spielen in den Nachwuchsmannschaften der Bundesligisten Flensburg und Kiel. Und das Finale hält, was es verspricht. In der hochklassigen Partie geht es hin und her. Spannend bleibt es bis zur letzten Sekunde. Dann steht fest: Kiel hat gewonnen. Mit 12:11 setzt sich die Gemeinschaftsschule Friedrichsort gegen das Fördegymnasium Flensburg durch und wird Schleswig-Holstein Anfang Mai beim Frühjahrsfinale in Berlin vertreten.

Zunächst aber feiern alle Kinder und Jugendlichen gemeinsam den Abschluss des Landesfinales. Der DJ dreht die Regler hoch. Wo eben noch Handballfinals und Siegerehrungen stattfanden, tanzen jetzt Schüler*innen nebeneinander, miteinander. Wer hier Erster oder Letzter geworden ist – man kann es nicht erkennen. Gewonnen haben schließlich alle, die bei diesem unvergesslichen Sportfest dabei sein durften.

Eine Besonderheit des Landesfinales: In den Spielsportarten Basketball, Handball und Volleyball durften Kinder der WK IV teilnehmen, auch wenn diese Wettkampfklasse nicht zum Bundesfinale führt.

Holger Glandorf (Handball-Weltmeister 2007 und heutiger Geschäftsführer der SG Flensburg-Handewitt) gratuliert Siegerinnen des Landesfinales.

Zu Beginn der Siegerehrung überreicht Friederike Sowislo (Geschäftsführerin DSSS) die 50-Jahre-Plakette an Flensburgs OB Dr. Fabian Geyer. Rechts im Bild: Alexander Kraft (Schulaufsicht Bildung SH)

Die Floorball-Wettbewerbe enden auf Landesebene. Umso mehr feiern die Spieler*innen ihren Titel in der Flens-Arena.

Hier erfährt Lina Eileen Lehman, die im April zur Cheerleading-WM in die USA reisen wird, von Reporter Kai Gemeinder, dass auch ihre Turn-AG-Trainerin Kim Bühlow einst WM-Erfahrung gesammelt hat.

Lenara Breyer vom Gymnasium Schwarzenbek im Duell der Champions gegen das EKG Ahrensburg

Imposante Kulisse für die Handballfinalisten in der WK II der Jungen. Am Ende siegt Kiel gegen Flensburg mit 12:11 und vertritt Schleswig-Holstein in Berlin beim Bundesfinale.

Zum Abschluss wurde getanzt und gefeiert. Alle Bilder © DSSS/sampics

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