Von Kai Gemeinder
Deutschlands beste Skilangläuferin Katharina Hennig, die in dieser Saison beim Weltcup in Ruka Ende November als Dritte über 10 km in klassischer Technik aufs Podest gelaufen ist, war von den zehn ehemaligen „Jugend trainiert“-Talenten, welche zum deutschen Olympiaaufgebot zählen, die erfolgreichste beim Schulsportwettbewerb. Bei drei Teilnahmen am Winterfinale gewann sie mit der Eliteschule des Wintersports Oberwiesenthal dreimal Gold. Schon 2008 und 2009 war sie Mitglied der siebenköpfigen Schulmannschaften, die den Bundessieg feiern konnten, wobei zu dieser Zeit noch andere im Team die Bestzeiten vorlegten. Bei ihrem dritten Bundessieg 2011 war es dann Katharina Hennig selbst, die dem Winterfinale ihren Stempel aufdrückte. Sie war in Schonach die schnellste von 175 Einzelstarterinnen und damit Erfolgsgarantin für Sachsens Vorzeigeschule im Wintersport.
Dabei war die Konkurrenz 2011 besonders groß, wenn man betrachtet, wer damals ebenfalls im Schwarzwald ins Rennen ging. Hennigs Olympiateamkolleginnen Antonia Fräbel (Oberhof) war 2011 Drittschnellste in der Loipe und Coletta Rydzek (Oberstdorf) belegte Rang neun. Im Endergebnis sicherten sich die drei mit ihren Schulen Gold, Silber und Bronze und waren wichtige Leistungsträgerinnen ihrer jeweiligen Teams.
Coletta Rydzek hatte mit dem Gertrud-von-le-Fort-Gymnasium Oberstdorf, der südlichsten Partnerschule des Wintersports in Deutschland, bereits ein Jahr zuvor, 2010, auf dem Podest gestanden. Damals belegten die Bayerinnen den Silberrang. Die herausragende Sportlerin des Winterfinales 2010 war aber eine andere. Beim Heimspiel in Oberhof dominierte Victoria Carl, die ihrerseits bereits 2009 Silber mit dem Sportgymnasium Oberhof gewonnen hatte, den Einzelwettbewerb der Mädchen. Die 14-Jährige „Vici“ war nicht nur die schnellste von 185 Starterinnen – sie lief damals geradezu in einer eigenen Liga. Anderthalb Minuten betrug ihr Vorsprung auf die zweiplatzierte Athletin. Bei einer Gesamtlaufzeit von etwas mehr als 14 Minuten eine Welt.
In Peking hoffen die genannten Langläuferinnen und ihre vier Mitstreiterinnen auf gute Ergebnisse. Im Kampf um Medaillen werden dem deutschen Langlaufteam nur Außenseiterchancen eingeräumt. Für Fräbel und Rydzek sind es die ersten Olympischen Spiele. Carl und Hennig feierten bereits 2018 ihre Olympiapremiere. Die erfahrene Katharina Hennig führt das deutsche Damenteam an und ist auch die Einzige aus dem Quartett, die bereits am ersten Wettkampftag beim Skiathlon zum Einsatz kommen wird.
Biathletinnen Denise Herrmann und Vanessa Voigt nahmen an Langlaufwettbewerben von „Jugend trainiert“ teil
Zwei Sportlerinnen der deutschen Delegation, die schon eher auf den Gewinn von Medaillen schielen dürfen, sind die Biathletinnen Denise Herrmann und Vanessa Voigt. Die erfahrene Herrmann nimmt zum dritten Mal an den Olympischen Spielen teil und hat 2014 in Sotschi bereits Edelmetall gewonnen. Damals noch ohne Gewehr belegte sie mit der Langlaufstaffel Platz drei. Ihre ersten Olympischen Spielen als Biathletin verliefen 2018 weniger erfolgreich. Umso motivierter dürfte die Verfolgungs-Weltmeisterin von 2019 sein, ihrer Bronzemedaille von 2014 nun in Peking weitere Podestplatzierungen hinzuzufügen. So wie vor gut 20 Jahren, als Herrmann mit der Eliteschule des Wintersports Oberwiesenthal 2001 Silber und 2002 Gold bei den kleinen, nationalen Olympiaausgaben von „Jugend trainiert“ gewann.
Die 24-jährige Vanessa Voigt war einige Zeit später, im bereits angesprochenen Jahr 2011, beim Winterfinale von Jugend trainiert für Olympia am Start. Neben den Langläuferinnen Hennig, Fräbel und Rydzek machte auch Voigt damals auf sich aufmerksam. Die Thüringerin steuerte für das Sportgymnasium Oberhof die siebtbeste Einzelzeit zum Mannschaftsergebnis bei und hatte, genauso wie ihre Mitschülerin Antonia Fräbel, entscheidenden Anteil am Gewinn der Silbermedaille mit dem Team.
Elf Jahre später erfüllt sich Voigt nun den Traum von Olympia, wobei die Saison 2021/22 bisher kaum besser hätte laufen können. Als Gesamtsiegerin des zweitklassigen IBU-Cups hatte sie sich in der Vorsaison automatisch einen Startplatz beim Weltcup-Auftakt in Östersund Ende November 2021 gesichert. Dort konnte sie so sehr überzeugen, dass Voigt aus dem deutschen Weltcupteam der Damen nicht mehr wegzudenken war. Schon früh erfüllte sie die Olympianorm und wurde folgerichtig für die Olympischen Spiele in Peking nominiert. Wie viel die Trainer von der 24-jährigen Biathletin halten, sieht man daran, dass Voigt an der Seite von Denise Herrmann sowie Benedikt Doll und Philipp Nawrath ins Team der Mixed-Staffel berufen wurde. Damit bestreiten die beiden ehemaligen „Jugend trainiert“-Teilnehmerinnen Voigt und Herrmann gleich am ersten Wettkampftag der Olympischen Winterspiele ihren ersten Wettbewerb.
Insgesamt stehen im Biathlon elf Medaillenentscheidungen an – je fünf bei den Damen und Herren und eine gemeinsame in der Mixed-Staffel. Die frühere Doppelolympiasiegerin und heutige ZDF-Expertin Laura Dahlmeier traut dem gemischten Quartett eine Medaille zu, „auch wenn es schwer wird“, wie sie im Rahmen der Eröffnungsfeier-Übertragung sagte.
+++Update vom 7. Februar 2022+++
In der Mixed-Staffel ist der erhoffte Medaillenerfolg ausgeblieben. Dafür haben unsere beiden ehemaligen „Jugend trainiert"-Teilnehmerinnen am dritten Wettkampftag der Spiele im Biathlon Einzel grandios aufgetrumpft: Denise Herrmann gewann Olympia-Gold und Vanesssa Voigt erreichte im ersten olympischen Einzelrennen ihrer Karriere einen sensationellen vierten Platz.
Auch Jonas Dobler und Janosch Brugger sind ehemalige „Jugend trainiert“-Teilnehmer
Jonas Dobler belegte 2006 mit dem Chiemgau-Gymnasium Traunstein Platz zwei beim Winterfinale von Jugend trainiert für Olympia. Als drittbester Einzelstarter und schnellster Staffelläufer seiner Mannschaft war er maßgeblich am Gewinn der Silbermedaille seines Teams beteiligt. Bei seiner Olympiapremiere 2018 belegte Dobler im Skiathlon den 22. Rang und mit der Staffel Platz sechs. Auch 2022 wird der Langläufer gleich zu Beginn der Spiele im Skiathlon eingesetzt und hofft auf ein besseres Ergebnis als vor vier Jahren.
Für den 24-jährigen Janosch Brugger sind es in Peking die ersten Olympischen Spiele. Der Juniorenweltmeister von 2017 im Sprint nahm mit der Realschule Titisee-Neustadt 2009 am Winterfinale von „Jugend trainiert“ teil und belegte in Nesselwang den sechsten Platz. In China wird sein Highlight-Rennen nach eigener Aussage das Einzel klassisch über 15 km sein, wo er recht ambitioniert eine Top-10-Platzierung anstrebt.
Drama um Eric Frenzel und Terence Weber
Die beiden letzten Sportler mit „Jugend trainiert“-Erfahrung im Olympiaaufgebot des Deutschen Olympischen Sportbundes sind die Nordischen Kombinierer Eric Frenzel und Terence Weber. Frenzel war zur selben Zeit wie Denise Herrmann ebenfalls für Oberwiesenthal bei „Jugend trainiert“ am Start und fuhr 2003 mit seiner Eliteschule zur ISF Schulweltmeisterschaft nach Schladming/Ramsau, wo er den fünften Platz belegte.
Frenzel avancierte später zum erfolgreichsten Nordischen Kombinierer der Geschichte. Der Sachse ist mehrfacher Olympiasieger, Weltmeister und Gesamtweltcupsieger. 2018 war er Fahnenträger der Deutschen Mannschaft. 2022 wollte Frenzel bei seinen vierten Olympischen Spielen zum vierten Mal Medaillen gewinnen. Dieser Wunsch ist jetzt in weite Ferne gerückt. Wie am heutigen Tag der Eröffnungsfeier bekannt wurde, ist Frenzel nach seiner Einreise in China zweimal positiv auf das Coronavirus getestet worden und befindet sich derzeit in Quarantäne. Die Wettbewerbe der Nordischen Kombination finden am 9., 15. und 17. Februar statt. Ob Frenzel bei diesen Spielen an den Start gehen kann, ist derzeit ungewiss.
Das gleiche Schicksal erleidet auch Terence Weber, der genau wie Frenzel für den SSV Geyer an den Start geht und in der selben Maschine wie Frenzel zu den Olympischen Spielen nach Peking gereist ist. Auch seine beiden PCR-Tests waren positiv, die Olympiapremiere hatte sich der 25-Jährige sicher anders vorgestellt. Als Weber 2010 für Oberwiesenthal bei „Jugend trainiert“ im Skilanglauf an den Start ging, wo er mit seiner Schule den 10. Platz belegte, dachte sicher niemand daran, dass der Erfolg bei Olympischen Spielen einmal so stark von anderen als rein sportlichen Faktoren abhängig sein würde.
Bislang sind beide Sportler symptomfrei. Bleibt das so, könnte es für Frenzel und Weber ein Happyend geben. Bei wie vielen der rund 2.900 aktiven Sportlerinnen und Sportler der Traum von Olympia im letzten Moment zerplatzen wird, kann derzeit niemand sagen. Im deutschen Team gibt es aktuell drei Fälle. Insgesamt sollen es bislang rund 300 sein, Funktionäre und Betreuerteams inklusive. Es bleibt zu hoffen, dass in den nächsten zwei Wochen der Sport im Mittelpunkt stehen kann und es nicht die Coronazahlen sind, über die vornehmlich berichtet werden muss.