Der Abend dient vor allem dem Austausch derer, die Jugend trainiert für Olympia & Paralympics auf unterschiedliche Weise unterstützen, mitgestalten und verantworten. Sie sind es auch, die üblicherweise im offiziellen Teil der Veranstaltung auf der Bühne zu Wort kommen. Eher unüblich ist die Anwesenheit von teilnehmenden Schüler*innen. Ganz und gar unüblich ist es, ihnen im Rahmen des Begrüßungsabends die Hauptrolle zu übertragen. Doch genau das sah der Regieplan an diesem Abend vor.
Damit kein Missverständnis entsteht: Beim Bundesfinale selbst steht der Sportnachwuchs natürlich schon im Mittelpunkt: bei der Gestaltung der Freizeitangebote, an den Wettkampfstätten, bei der Abschlussveranstaltung. Auch die Berichterstattung fokussiert sich vor allem auf die qualifizierten Schüler*innen. Beim Begrüßungsabend aber wird in der Regel nicht mit ihnen, sondern über sie geredet. Jedenfalls bis zum Montagabend.
Weil „Jugend trainiert“ in diesem Jahr unter dem Motto „In der Wertung getrennt, aber im Ziel vereint“ steht und zehn Jahre Inklusion feiert – seit 2013 finden die olympischen und paralympischen Bundesfinalentscheidungen stets zur selben Zeit und am selben Ort statt –, lud Sachsen-Anhalt junge Para Sportler, die beim Herbstfinale für das eigene Land an den Start gehen, in die Landesvertretung ein. In einer Talkrunde plauderten Jona (Para Schwimmen), Jörn (Fußball ID) und Jason (Para Leichtathletik) zusammen mit der neuen Goalball-Patin Annkathrin Denker über sich, ihre Sportarten und den Schulsportwettbewerb. Das kam beim Publikum, welches auffallend häufig nach den Redebeiträgen applaudierte, gut an. Thematisiert wurde bei aller Freude, etwa über das zehnjährige Inklusions-Jubiläum von „Jugend trainiert“, aber auch, dass noch mehr Sportangebote für Menschen mit Beeinträchtigungen geschaffen und die Kooperationen zwischen Schulen und Vereinen weiter ausgebaut werden müssen.
Während der 14-jährige Jona, dessen Schule erstmals bei einem Bundesfinale im Para Schwimmen dabei ist, nicht nur an seiner Schule, dem Landesbildungszentrum für Körperbehinderte Halle (Saale), sondern auch im Verein seine Sportart betreiben kann, fehlen für den Leichtathleten Jason, der die Schule am Heidetor Zerbst besucht, und Jörn, der beim Bundesfinale für die Förderschule "Heinrich Kielhorn" Großkayna die Fußballschuhe schnürt, derzeit noch entsprechende Vereinsangebote. Dabei sind die beiden 16-Jährigen durchaus talentiert: Jörn gewann beim letzten Herbstfinale 2022 mit seinem Schulteam Silber im Fußball ID, Jason in der Para Leichtathletik sogar Gold.
„Jugend trainiert“ schafft Anreize, Para Sport an den Schulen anzubieten, und hilft, Brücken zum Vereinssport zu schlagen. Luft nach oben gibt es, wie die Beispiele zeigen. Gleichwohl hat sich im letzten Jahrzehnt schon einiges getan. Die 31-jährige Annkathrin Denker, Deutsche Meisterin mit ihrem Verein SSG Blista Marburg und EM-Bronzemedaillengewinnerin mit der Nationalmannschaft, wusste während ihrer Schulzeit nicht einmal, dass die Sportart, in der sie später einmal erfolgreich sein würde, existiert. Aber damals gab es auch noch keine „Jugend trainiert“-Wettbewerbe im paralympischen Bereich.
Zum Glück hat „Anny“ als Erwachsene dennoch den Zugang zu ihrer Sportart Goalball gefunden. Dass sie sich als Patin bei „Jugend trainiert“ engagiert, hat einen einfachen Grund: „Mir hat man in meinen Anfängen damals sehr, sehr geholfen und mir ist es wichtig, den Jugendlichen jetzt etwas zurückzugeben und ihnen zu zeigen: Wenn ihr an euch arbeitet und fleißig seid, kommt ihr vielleicht auch mal da hin, wo ihr hinwollt.“
Grußworte, Ehrungen und Musik runden das Programm ab
Eingerahmt war die unterhaltsame und bisweilen lustige Talkrunde vom Grußwort des Staatssekretärs im Ministerium für Bildung Sachsen-Anhalt, Jürgen Böhm, einem kurzweiligen Dialog zwischen Moderator Kai Gemeinder und dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Schulsportstiftung, Martin Schönwandt, und einigen abschließenden Ehrungen. Hier wurden sehr würdig und emotional verdiente Lehrkräfte aus Sachsen-Anhalt, die sich jahrzehntelang aufopferungsvoll für den Schulsportwettbewerb engagiert haben, mit einer Laudatio und einem Geschenk überrascht. Zwischen den einzelnen Programmpunkten spielte die frühere „Jugend musiziert“-Preisträgerin und heutige Profipianistin Walentina Wachtel einige Stücke auf dem Klavier.
Zu den Gästen des Abends zählten drei Bundestagsabgeordnete und Mitglieder des Sportausschusses: Frank Ullrich (SPD), der den Ausschuss seit Dezember 2021 leitet, sowie Philipp Hartewig (FDP) und Stephan Mayer (CSU). Auch Denise Henrion aus dem Bundesministerium des Innern und für Heimat nahm sich die Zeit, den Bundesfinal-Auftakt zu besuchen. Außerdem waren Özcan Mutlu, früherer Bundestagsabgeordneter und heutiger Präsident des Behinderten- und Rehabilitations-Sportverbandes Berlin, sowie Tobias Knoch, Vorstandsvorsitzender des Landessportbunds Sachsen-Anhalt, vor Ort. Neben der neuen Goalball-Patin Annkathrin Denker genossen auch der neue Judo-Pate Alexander Wieczerzak (Weltmeister von 2017) und Para Tischtennis-Pate Jochen Wollmert (mehrfacher Paralympics-Champion und Weltmeister) den Abend in der Landesvertretung.
Ihnen und allen anderen Anwesenden blieb im Anschluss an das offizielle Programm genügend Zeit, sich untereinander auszutauschen – und die gelungene Veranstaltung des Landes Sachsen-Anhalt in höchsten Tönen zu loben.
kg