Von Kai Gemeinder
Markus Rehm hat alles gewonnen, was man im Behindertensport gewinnen kann – und sogar ein bisschen mehr. Im vergangenen Jahrzehnt ist er im Weitsprung bei sportlichen Großereignissen ungeschlagen geblieben. Neben den Paralympics-Goldmedaillen 2012 in London und 2016 in Rio gewann er in dieser Zeit in seiner Paradedisziplin fünf Weltmeisterschafts- und vier Europameisterschaftstitel, wobei er ein ums andere Mal seinen eigenen Weltrekord verbesserte, der mittlerweile bei sagenhaften 8,48m liegt. Darüber hinaus gewann er über die 4*100m-Strecke bei den Paralympics 2016 sowie den Weltmeisterschaften 2015 und 2017 Gold mit der Staffel.
2014 sorgte der unterschenkelamputierte Weitspringer für ein Novum und Schlagzeilen: Er durfte sich bei den Deutschen Meisterschaften mit den besten Weitspringern ohne Handicap messen – und gewann auch dort. Mit 8,24m lag er vier Zentimeter vor dem ehemaligen Europameister Christian Reif. Rehms Hoffnung, infolgedessen auch für die anstehenden Europameisterschaften der Nichtbehinderten nominiert zu werden, erfüllte sich indes nicht. Weil auch ein Gutachten nicht zweifelsfrei belegen konnte, ob die Beinprothese ihm einen Wettbewerbsvorteil verschafft oder nicht, sah der Deutsche Leichtathletikverband (DLV) von der Nominierung des amtierenden Deutschen Meisters im Weitsprung ab. Zwar durfte Markus Rehm den DM-Titel behalten und hat seitdem die Möglichkeit, in getrennter Wertung an Wettbewerben der Nichtbehinderten teilzunehmen. Rehms eigentlicher Traum, bei den sportlichen Großereignissen gegen die besten Athleten der Welt um Titel zu kämpfen, ist bislang allerdings nicht wahr geworden.
Unterkriegen lässt sich Markus Rehm, der seit einem Wakeboard-Unfall im Alter von 14 Jahren eine Prothese trägt, dadurch nicht. Sein Lebensmotto lautet: „Ich lasse mich nicht behindern“. Diese Einstellung macht den Jubiläumsbotschafter von „Jugend trainiert“ zum Vorbild für viele junge Menschen, die durch den 32-Jährigen ermutigt werden, sich nicht von ihren eigenen Zielen abbringen zu lassen; auch dann, wenn der Weg beschwerlich erscheint oder nicht in geplanten Bahnen verläuft.
Was man im Leben alles erreichen kann, wenn man an sich glaubt und ehrgeizig seine Ziele verfolgt – dafür ist Markus Rehm ein leuchtendes Beispiel. Die sportlichen Erfolge haben ihm neben Medaillen zahlreiche Auszeichnungen eingebracht. Außerdem durfte er die deutsche Delegation als Fahnenträger bei den Paralympischen Spielen 2016 anführen. Nun ist er der erste deutsche Athlet, der sich Para Sportler des Jahrzehnts nennen darf. Dieser Titel wurde gestern nämlich zum ersten Mal überhaupt vergeben. Und beruflich? Auch hier zeigt sich der Erfolgsmensch Markus Rehm von seiner besten Seite: Seine Lehre zum Orthopädiemechaniker im Jahr 2009 schloss er als Kammersieger ab, drei Jahre später bei der Meisterprüfung war er Jahrgangsbester. Er ist einfach ein Gewinnertyp. Ein sympathischer noch dazu.
Das weibliche Pendant zu Markus Rehm wurde übrigens schon am Dienstag gekürt. Die Wahl zur Para Sportlerin des Jahrzehnts gewann Anna Schaffelhuber, die herausragende Wintersportlerin der letzten Dekade. Auch die Mono-Ski-Fahrerin hat einen Bezug zu Jugend trainiert für Olympia & Paralympics und besuchte unter anderem im vergangenen Jahr das bayerische Landesfinale der Schülerinnen und Schüler mit Behinderung.
Wir gratulieren Markus Rehm und Anna Schaffelhuber ganz herzlich zu ihren Auszeichnungen.