Von Kai Gemeinder
50 Jahre lang war es normal – oder eben selbstverständlich –, dass regelmäßig Schulsporttalente aus ganz Deutschland in Berlin zusammentreffen, um bei den Bundesfinals in diversen Sportarten die besten Schulteams zu ermitteln. Dann kam die Coronapandemie und mit ihr eine lange Pause. Die ist nun vorbei. An so viele Spielerinnen und Spieler, so viele Tische, so viele Spiele unter einem Dach müsse man sich erst wieder gewöhnen, meinte der Vizepräsident des DTTB, und freute sich darüber „dass der Neustart von ‚Jugend trainiert‘ in diesem Jahr gelungen ist“.
In der Tat lässt sich an kaum einem Ort besser erahnen, welche Größenordnung Jugend trainiert für Olympia & Paralympics hat, als bei den Tischtenniswettbewerben des Frühjahrsfinales. Oder wie es Emma Thiele vom Gymnasium Finkenwerder Hamburg ausdrückte: „Es ist eine riesige Halle. Ich glaube, ich war noch nie in so einer großen Halle.“
Rund 400 Schülerinnen und Schüler spielten in dieser „riesigen Halle" in den vergangenen zwei Tagen an bis zu 48 Platten gleichzeitig, um in vier Wettkampfklassen auf Punktejagd zu gehen. Von dieser Kulisse zeigte sich auch Philipp Hartewig, Bundestagsabgeordneter und sportpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, beeindruckt. „Es macht richtig Spaß zuzuschauen. Tischtennis finde ich grundsätzlich spannend. Es ist eine schnelle und spektakuläre Sportart und deshalb freue ich mich, hier dabei sein zu können“, sagte der Sportpolitiker, der im eigenen Büro eine Tischtennisplatte stehen hat und die Spielstärke der Sporttalente realistisch einzuschätzen weiß. „Das Niveau ist extrem hoch“, stellte er fest. Das Geld, welches das BMI als Förderung in den Schulsportwettbewerb steckt, könne kaum besser investiert sein. „Jugend trainiert“ sei sehr, sehr wichtig.
Ähnlich äußerte sich auch Jochen Wollmert. Der fünffache Paralympics-Sieger im Tischtennis besuchte die Finalspiele und übernahm anschließend zusammen mit Arne Klindt die Siegerehrungen. Es sei wichtig, dass die Kids wieder miteinander spielen könnten. Gerade seine Sportart habe sehr unter der Pandemie gelitten, viele Mitglieder seien dem Verband verloren gegangen, auch im Kinder- und Jugendbereich. Gleichzeitig stufte der Behindertensportler des Jahres 2012 die Leistungen der Tischtennistalente bei den Finalspielen als „echt sehr stark“ ein. Es gibt ihn also noch, den leistungsfähigen Sportnachwuchs im Tischtennis. Und bei „Jugend trainiert“ trumpfte dieser am Mittwoch und Donnerstag mächtig auf.
Am spiel- und nervenstärksten präsentierten sich heute das Gymnasium Schwarzenbek-Europaschule (Bundessiegerinnen WK II Mädchen), das Eric-Kandel-Gymnasium Ahrensburg (Bundessiegerinnen WK III Mädchen), das Lessing-Gymnasium Düsseldorf (Bundessieger WK II Jungen) und das Friedrich-Schiller-Gymnasium Marbach am Neckar (Bundessieger WK III Jungen).
Damit verteilten sich die vier Titel auf die vier Bundesländer Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Welche Teams ebenfalls auf dem Podest gelandet sind und wo sich die übrigen Mannschaften platziert haben, kann beim Ergebnisdienst nachgelesen werden.
Erstmals seit 2013 fanden die olympischen und paralympischen Wettbewerbe im Para Tischtennis in getrennten Hallen statt
Das Spektakel im Horst-Korber-Sportzentrum hat das Medienteam von „Jugend trainiert“ auch in einem Video festgehalten. Aber nicht nur an dieser Sportstätte wurde in den vergangenen zwei Tagen Tischtennis gespielt. Die paralympischen Aktiven mussten aufgrund des Hygienekonzepts in eine andere Halle ausweichen und spielten an der Karlsgarten Grundschule den Bundessieg im Para Tischtennis aus. Dort siegte die Schule im Bockfeld Hildesheim aus Niedersachsen. Auch dieser Wettbewerb wurde filmisch begleitet und ist auf unserem YouTube-Kanal im Video zu sehen.
Eigentlich treten die olympischen und paralympischen Tischtennistalente bei „Jugend trainiert“ an selber Wirkungsstätte an. „Es gibt bei den Para Sportlern aber natürlich welche, die etwas gefährdeter sind als die Regelschüler. Deshalb ist es ganz gut, dass man die Wettbewerbe getrennt hat“, zeigt Jochen Wollmert Verständnis. Gleichwohl fände er es schön, „wenn Tischtennis im nächsten Jahr wieder in einer Halle stattfindet, um dem Inklusionsgedanken gerecht zu werden“.
Das sieht auch Arne Klindt so. Aber so ganz selbstverständlich ist das Gewohnte eben doch noch nicht.