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Ein Stückchen Normalität in Mainz

In dieser Woche war die „Schulsport-Stafette“ unter anderem in Rheinland-Pfalz zu Gast, 94 Schulen beteiligten sich mit fast 15.000 Schülerinnen und Schülern. Zwei Mainzer Gymnasien haben sich dabei zusammengeschlossen und ihre Leichtathletik- und Schwimmwettbewerbe gemeinsam durchgeführt. Natürlich unter Beachtung der regionalen Corona-Regeln und sehr zur Freude aller Schülerinnen und Schüler.

Von Kai Gemeinder

Wir haben in den letzten Wochen bereits mehrfach darüber berichtet, wie sehr den sportlichen Nachwuchstalenten in der Corona-Pandemie Wettbewerbe in Verein und Schule fehlten, und wie dankbar die jungen Menschen dafür sind, dass „Jugend trainiert“ einen Weg gefunden hat, sportlichen Wettstreit zu ermöglichen, auch wenn sich die Teams aus den Ländern dabei (normalerweise) gar nicht persönlich begegnen. Zwei Lehrkräften aus Mainz ging dieser Schritt, der fraglos in die richtige Richtung führt, aber nicht weit genug. Weil die Corona-Bestimmungen in Mainz dies zuließen, haben sich Lena Müller vom Rabanus-Maurus-Gymnasium – kurz RaMa genannt – und Fabian Schröder vom Theresianum mit ihren Mannschaften an neutralen Sportstätten getroffen, um unter Einhaltung aller geltenden Regeln ihre Wettbewerbe gemeinsam durchzuführen. Es war ein voller Erfolg.

TSV SCHOTT Mainz stellt Leichtathletikstadion zur Verfügung

Am Dienstag stand zunächst der Leichtathletikwettbewerb auf dem Programm. Als das Theresianum Mainz vor der Corona-Pandemie zuletzt mit einem Mädchenteam des Jahrgangs 2005 an Jugend trainiert für Olympia & Paralympics teilnahm, landete die Schule in Rheinland-Pfalz auf Rang zwei und verpasste knapp das Bundesfinale in Berlin. Einige Mädchen der damaligen Mannschaft unterstützten diesmal die Veranstaltung als Helferinnen, weil sich an der „Schulsport-Stafette“ nur Kinder und Jugendliche bis 15 Jahren beteiligen dürfen. Auf die Frage, ob sie den Wettbewerb eher mit einem lachenden oder weinenden Auge verfolgt hätten, sagen sie: „mit einem lachenden“. Es habe total Spaß gemacht, den anderen zuzuschauen, sie anzufeuern und bei der Orga zu helfen. Damit bewiesen sie bemerkenswerten Sportsgeist. Andererseits weiß ihr Sportlehrer Fabian Schröder: „Natürlich kratzen meine 2005er Schülerinnen mit den Fingernägeln. Für sie ist es 2022 die letzte Chance in ihrer Schulzeit, an ‚Jugend trainiert‘ teilzunehmen und das Bundesfinale zu erreichen. Das zu schaffen, ist ihr Traum.“ Man darf darauf hoffen, dass die Corona-Pandemie bis dahin überwunden ist und sich 2022 die Chance bietet, den Traum wahr werden zu lassen.

An diesem Tag jedoch standen andere im Fokus, die sich zum Teil aus dem Vereinstraining beim USC Mainz kennen, aber unterschiedliche Schulen besuchen und deshalb gegeneinander antraten. Nele Schäfer und Johannes Böcher zum Beispiel. Bei den Deutschen Jugendmeisterschaften belegte Nele Rang fünf über 300m Hürden. Bei „Jugend trainiert“ zeigte sie nun starke Leistungen im Sprint, Weitsprung und Kugelstoßen. „Ich fand es cool, das mit einer anderen Schule zusammen zu machen. Der Wettkampf hat auf jeden Fall Spaß gemacht“, sagt die Schülerin vom Theresianum. Dem schließt sich ihr Vereinskollege Johannes, der das RaMa besucht, an und ergänzt: „Es war toll, dass nach so langer Zeit endlich mal wieder ein Sportwettbewerb stattgefunden hat. Einige Jüngere aus unserem Team kannte ich vorher gar nicht. Sie konnte ich heute kennenlernen.“ Johannes übersprang 1,80m im Hochsprung, schleuderte den Ball mehr als 71m weit und konnte auch im Weitsprung überzeugen. Er steuerte damit drei herausragende Resultate zum Mannschaftsergebnis bei und hatte entscheidenden Anteil daran, dass sich seine Schule schlussendlich durchsetzen konnte. Das erste Kräftemessen hatte das RaMa für sich entschieden. 

Erst Schnelltest, dann schnelle Zeiten –
erneut mit dem besseren Ende für das Rabanus-Maurus-Gymnasium


Fiona Kuphal, Jahrgang 2008, vom RaMa und Maya Lambert, Jahrgang 2006, vom Theresianum sind Leistungsträgerinnen in den Schwimmteams ihrer Schulen. Fiona wurde 2019 Deutsche Schülermeisterin im Kraul-Mehrkampf und schwamm damals ihrer Konkurrenz in allen Disziplinen auf und davon. Seit Oktober 2020 hält sie zudem den Deutschen Altersklassenrekord über 400m Freistil. Auch Maya ist talentiert, war schon rheinland-pfälzische Vizemeisterin im Rückenschwimmen und hofft darauf, wie Fiona zukünftig bei Deutschen Meisterschaften an den Start gehen zu dürfen. Die beiden Mädchen kennen, mögen und schätzen sich. Bevor Fiona zum SC Wiesbaden wechselte, trainierten sie zusammen beim USC Mainz und im Mainzer Schwimmverein. Aufgrund des Vereinswechsels von Fiona hatten sie und Maya sich allerdings seit anderthalb Jahren nicht gesehen. Entsprechend groß waren Freude und Überraschung, als die beiden am Donnerstag vor dem Taubertsbergbad aufeinandertrafen. Nachdem alle Schülerinnen und Schüler einen Corona-Schnelltest durchgeführt hatten, ging es in die Schwimmhalle und das zweite sportliche Duell der beiden Mainzer Gymnasien konnte beginnen. 

Den Anfang machten Fiona und Maya. Als Maya hörte, dass sie bei der „Schulsport-Stafette“ gleich im ersten Rennen gegen Fiona gesetzt wurde, musste sie lachen. Weil sie wusste, dass sie trotz ihres Altersvorsprungs und der Tatsache, dass eine ihrer Lieblingsdisziplinen – 50m Rücken – auf dem Programm stand, keine Chance haben würde, das Rennen zu gewinnen. So kam es dann auch. „Ich hab sehr, sehr großen Respekt vor Fiona. Wenn ich mich mit meiner Mom darüber unterhalte, welche jungen Schwimmerinnen mal Olympiachancen haben könnten, fällt ihr Name. Es war auf jeden Fall schön, gegen sie zu schwimmen“, nahm Maya die Niederlage sportlich, zumal „Jugend trainiert“-Wettbewerbe stets Team-Wettbewerbe sind und die Schülerin in drei Rennen sehr gute Zeiten zum Mannschaftsergebnis beisteuern konnte. 

In der Endabrechnung lag dann aber doch das Rabanus-Maurus-Gymnasium vorn. Wie schon in der Leichtathletik. Den größten Anteil daran hatte diesmal Vorzeigeschwimmerin Fiona. Doch auch andere zeigten sehr gute Leistungen. Momchill Ganchev zum Beispiel schwamm in seinen drei Rennen jeweils persönliche Bestzeit. Das zeigt, wie ernst die Schülerinnen und Schüler den Wettbewerb nahmen.

Überraschender Doppelerfolg fürs RaMa, aber gewonnen hatten eigentlich alle:
nämlich das Gefühl von Normalität 


Dass sich das Rabanus-Maurus-Gymnasium sowohl in der Leichtathletik als auch im Schwimmen gegen die Partnerschule des Sports Theresianum Mainz durchsetzen konnte, überraschte auch Michael Stäudt vom Bildungsministerium, der an beiden Wettkampftagen vor Ort war und am Dienstag zusammen mit Schulsportreferent Volker Weiß den goldenen Staffelstab an die zwei Lehrkräfte übergeben hatte: „Das RaMa als altsprachliches Gymnasium ist bei ‚Jugend trainiert‘ eigentlich nie so recht in Erscheinung getreten. Aber mit Lena Müller haben sie dort jetzt eine engagierte Sportlehrerin, die den Wettbewerb voranbringt. Da sieht man mal wieder: Es hängt gar nicht so sehr an den Rahmenbedingungen, die wir über das Ministerium bereitstellen oder die an der jeweiligen Schule herrschen. Es hängt an einzelnen Personen an den Schulen selbst.“

Lena Müller war vorher als Referendarin am SMG Ingelheim und hat dort gesehen, was im Sport möglich ist. „Deshalb versuche ich jetzt, den Sport auch am RaMa groß zu machen. Denn es gibt Top-Athletinnen und -Athleten hier und die sollen auch ihre Würdigung bekommen und die Möglichkeit erhalten, sportliche Wettbewerbe an der Schule zu bestreiten“, sagt die Sport- und Mathelehrerin und ihre Schülerinnen und Schüler danken es ihr. Für sie sei es neu und etwas Besonderes gewesen, ihre Schule in einem Sportwettbewerb zu vertreten, erzählen die Nachwuchstalente. Jetzt hoffen sie darauf, dass die gezeigten Leistungen auch zur Qualifikation für das „Bundesfinale 2021 vor Ort“ gereicht haben. 

Das Theresianum hat übrigens noch im Basketball und Turnen am Wettbewerb teilgenommen und damit zwei weitere Chancen, sich fürs „Bundesfinale 2021 vor Ort“, das am 27. September beginnt, zu qualifizieren. Ob es geklappt hat, wird hier am Donnerstag veröffentlicht.

Doch selbst wenn andere Schulen in Rheinland-Pfalz bessere Ergebnisse geliefert haben sollten und es für die Mainzer Gymnasien nicht zum Bundesfinale gehen würde, hätte sich das Engagement der beiden Lehrkräfte Fabian Schröder und Lena Müller zweifellos gelohnt. Sie haben ihren Schülerinnen und Schülern schulsportliche Wettbewerbe ermöglicht, die so seit über einem Jahr nirgendwo sonst stattgefunden haben. Dadurch haben sie für ein Stückchen Normalität gesorgt, in Zeiten, die alles andere als normal sind. Wer im Sport antritt, möchte auch gewinnen. Und das ist gut so. Aber manchmal ist das Erlebnis wichtiger als das Ergebnis. 
 

Vor den Augen der beiden beteiligten Leichtathletikteams überreichen Volker Weiß (Schulsportreferent Rheinland-Pfalz) und Michael Stäudt (Bildungsministerium Rheinland-Pfalz) den goldenen Staffelstab an Lena Müller (Lehrerin am Rabanus-Maurus-Gymnasium Mainz) und Fabian Schröder (Lehrer am Theresianum Mainz). © DSSS/Kai Gemeinder

Zum Abschluss der Leichtathletikwettbewerbe stand das 800m-Rennen an. Trotz des engagierten Schlussspurts von Ilyas Waldherr reichte es am Ende für seine Schule, das Theresianum Mainz, nicht zum Sieg. © DSSS/Kai Gemeinder

Zwei Tage später kam es zum erneuten Aufeinandertreffen beider Schulen - diesmal in der Schwimmhalle. © DSSS/Kai Gemeinder

Alle Schüler*innen waren sichtlich froh, endlich wieder einen Wettbewerb erleben zu dürfen. © DSSS/Kai Gemeinder

Direkt nach dem ersten Rennen tauschten sich Maya Lambert und Fiona Kuphal miteinander aus. © DSSS/Kai Gemeinder

Nach Ende des Wettkampfs sprachen sie im Interview über ihre gemeinsame Zeit im Verein und brachten ihre gegenseitige Wertschätzung zum Ausdruck. © DSSS/Kai Gemeinder

Nachdem alle Zeiten zusammengerechnet waren, stand fest: Das RaMa hat sich auch im Schwimmen durchgesetzt und einen sportlichen Doppelerfolg bei der "Schulsport-Stafette" gefeiert. Ob es auch zur Qualifikation zum "Bundesfinale 2021 vor Ort" gereicht hat, muss der Vergleich mit den übrigen Schulen aus Rheinland-Pfalz erst noch zeigen. Die Ergebnisse werden am Donnerstag, den 23.9., veröffentlicht. © DSSS/Kai Gemeinder

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