Denn nur wenige Wochen später, im September 2020, wurde Schulleiter Björn Lengwenus die Goldene Kamera in der Kategorie Special Award verliehen, weil der Pädagoge in Zeiten der Schulschließungen auf ebenso kreative wie unterhaltsame Weise in die Rolle des Moderators geschlüpft war und mit der YouTube-Show „Dulsberg Late Night“ den Schulzusammenhalt stärkte. Ein Schulleiter als Showmaster? Das sorgte deutschlandweit für Schlagzeilen. Ein Schulleiter, der wenig später einen derart renommierten Medienpreis erhält? Das sorgte für Erstaunen, Bewunderung und noch mehr Schlagzeilen. Die Grund- und Stadtteilschule Alter Teichweg avancierte in Corona-Zeiten zu einer der bekanntesten Schulen Deutschlands. Noch immer wird regelmäßig über den ATW berichtet, auch in Fernsehbeiträgen.
Erst Goldene Kamera, bald der Grimme Online Award?
Und wie sich jetzt herausstellt, könnte sich das außergewöhnliche Ereignis, dass ein Schulprojekt mit einem honorablen Medienpreis ausgezeichnet wird, sogar wiederholen. Aktuell ist der ATW mit „Dulsberg Late Night“ nämlich für den Grimme Online Award nominiert. Dieser zeichnet „herausragende deutschsprachige Online-Angebote“ aus, die sich an die allgemeine Öffentlichkeit richten. Insgesamt wurden über 1400 Vorschläge eingereicht, aus denen die Jury 28 ausgewählt hat – darunter auch viele professionelle Beiträge wie „TikTok der Tagesschau“ oder „Quarks auf Instagram“. Allein die Tatsache, dass sich das Format „Dulsberg Late Night“ in der Kategorie „Kultur und Unterhaltung“ unter den Nominierten befindet, dürfte schon einmalig in der deutschen Schullandschaft sein. Der Gewinn des Preises käme einer Sensation gleich. Die Jury lobte bei Bekanntgabe der Nominierung den Witz von Björn Lengwenus und die Kurzweiligkeit der Show, in der die Schülerinnen und Schüler sowie das Kollegium mit eingebunden waren. Nicht zuletzt durch die ständige Interaktion wurde das Zusammengehörigkeitsgefühl der Schulgemeinschaft nachhaltig gefördert. Die Entscheidung zum Grimme Online Award wird am 17. Juni von einer Fachjury gefällt.
+++ Ergänzung vom 18. Juni 2021 aus aktuellem Anlass +++
Die Sensation ist perfekt: „Dulsberg Late Night" gewinnt den Grimme Online Award.
Hier geht's zur Pressemeldung.
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Den wertvollsten Preis überbrachte per Videoschalte der Bundespräsident
Eine andere Entscheidung ist hingegen bereits gefallen. Eine, die in der Schulaula Jubel aufbranden ließ und Schulleiter Björn Lengwenus fast ein bisschen sprachlos machte. Eine Entscheidung, die kein geringerer als Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der auch Schirmherr von „Jugend trainiert“ ist, verkündete: Die Grund- und Stadtteilschule Alter Teichweg wurde am 10. Mai mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet. In der Kategorie „Beziehungen wirksam gestalten“ setzte sich der ATW gegen alle Mitbewerber durch und sicherte sich ein Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro. Aber nicht wegen des Geldes ist dieser Preis von herausragender Bedeutung. Der Deutsche Schulpreis ist deshalb so wertvoll, weil hier das Gesamtkonzept der Schule Anerkennung fand. Die Grund- und Stadtteilschule rückte in den Fokus der Schulpreis-Jury für eine Vielzahl von Projekten, mit denen die Beziehungen der Schulgemeinschaft während des Corona-Lockdowns wirksam gestaltet wurden. Neben „Dulsberg Late Night“ gehörten dazu eine eigene Poststelle, die Schülerinnen und Schüler mit Material versorgte, ein Beratungsteam, das Termine am offenen Fenster machte, oder eine Lehrer-Konferenz im Freien. Neben den Unterrichtsmaterialien wurde auch das Schulessen per Bollerwagen in der Stadt verteilt. Am Telefon wurden Geschichten vorgelesen, ein Krisenteam besuchte Schülerinnen und Schüler in schwierigen Situationen und machte mit ihnen Unterricht am Fenster. „Wenn die Kinder nicht zu uns kommen können, kommen wir eben zu ihnen.“ So lautete die Antwort von Schulleiter Björn Lengwenus und seinem Team auf die Herausforderungen der Corona-Pandemie.
In der Laudatio zur Verleihung des Deutschen Schulpreises hieß es:
„Wenn ich an die Schule denke, weine ich. Ich habe dort alles gefunden, was ich brauche: Freunde, Familie …“, so eine Schülerin. Um für 1.600 Schülerinnen und Schüler aus 86 Nationen genau das zu sein, Lernort, Lebensmittelpunkt und Heimat, hat die Grund- und Stadtteilschule Alter Teichweg in Hamburg durch vielfältige Konzepte und Projekte allen Mitgliedern der Schulfamilie echte Beteiligung ermöglicht, die in der Pandemie konsequent weiterentwickelt wurde, und so die Grundlage für eine außergewöhnliche Beziehungskultur geschaffen.
Dies ist für eine Schule in einem der sozial herausfordernden Stadtteile Hamburgs mit einer kaum zu überbietenden Heterogenität zwischen Vor-, Grund- und Stadtteilschule mit hoher Inklusionsquote und gymnasialem Zweig mit Hochleistungssportelite nicht selbstverständlich. Das äußerst professionell organisierte Schulmanagement mit Partizipation und verbindlich geteilter Verantwortung fordert und fördert bei flachen Hierarchien auf allen Ebenen den demokratischen Weg und das soziale Miteinander.
Das Konzept „Be Part“ als Herzstück der Schule, das in allen Facetten der Schul- und Unterrichtsgestaltung deutlich wird und das im Lockdown oberstes Ziel geblieben ist, war neben hochwertigen digitalen Lösungen mit Netzwerkbildung Grundlage für viele ungewöhnliche Wege, um soziale Isolation zu verhindern, Teilhabe zu ermöglichen und über das Lernen hinaus weiterhin emotionale Heimat zu sein.
So begeisterte zum Beispiel die mehrfach prämierte Videoshow „Dulsberg Late Night“ nicht nur die Familien und den Stadtteil. Ja mehr noch, eine neue Schülershow trägt diese Idee weiter. Gelebte Menschlichkeit gepaart mit Ethos, Mut und Offenheit für unsere gesellschaftliche Wirklichkeit und beeindruckende Kreativität sind Nährboden für ein umfassendes „Well-Being“ und für Begeisterung dafür, die Zukunft zu gestalten.“
„Im Namen der Deutschen Schulsportstiftung gratuliere ich der Grund- und Stadtteilschule Alter Teichweg Hamburg zu den Auszeichnungen und allem, was sie mit ihren beeindruckenden Projekten und unermüdlichem Engagement erreicht hat", sagt Dr. Thomas Poller, Vorstandsvorsitzender der Stiftung, und ergänzt: „Besonders bewegend ist es, dass der ATW seinen Schülerinnen und Schülern Heimat und Familie geworden ist." Wie gut, dass in Hamburg aufgrund der niedrigen Inzidenz ab Montag wieder die gesamte Schulfamilie in eben diese Heimat zurückkehren darf. Vielleicht ist ja auch das der wertvollste Preis von allen.
kg